Sommer 1919 - 14 Frauen ziehen ins Parlament ein
14 Frauen zogen im Sommer 1919 in den Bürgerausschuss ein, der hier im Kaisersaal des Historischen Kaufhauses tagte. Es war das erste frei gewählte Parlament in der Geschichte der Stadt.
Für drei Jahre gewählt, vertraten hier 14 weibliche und 72 männliche Stadtverordnete die Interessen der Bürger*innen.
Die Sozialdemokratin Marie Haack war erste Rednerin, die im Bürgerausschuss das Wort ergriff. Sie sprach zu den Ausgaben der Stadt für die Schulen.
Die ersten Frauen im Stadtparlament waren in der Minderheit – nicht nur nach Zahlen. In allen Parteien machten sie die Erfahrung, dass ihre männlichen Kollegen nicht daran dachten, ihnen Platz zu machen. Redezeit im Bürgerausschuss mussten sie sich selbst verschaffen. Die Kommunalpolitikerinnen arbeiteten über die Parteien hinweg zusammen. Sie stellten gemeinsame Anträge und vertraten dabei vor allem: Fraueninteressen.
So forderten sie zum Beispiel Frauen in der Polizei. Damit wollten sie Fortschritte im Jugendschutz und bessere Lebensbedingungen für Sexarbeiterinnen erreichen. Über die Fraktionen hinweg waren die Frauen sich einig, dass die Strukturen im städtischen Sozialwesen grundsätzlich reformiert werden mussten.
Viele Initativen der ersten Politikerinnen fanden keine Mehrheit. Ihre Anträge verloren in den wirtschaftlichen Notzeiten nach dem Krieg ihre Wichtigkeit. So versickerte der politische Aufbruch der Frauen in den alt hergebrachten, männlich dominierten Strukturen. Schon mit den Wahlen von 1923 gab es nur noch 9 weibliche Stadtverordnete. Auch in den folgenden 10 Jahren verloren Politikerinnen weiter an Einfluss und Sichtbarkeit. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurden Frauen erneut aus der Politik ausgeschlossen.
Übrigens: erst 1965 erreichte das Freiburger Stadtparlament mit 15% die Frauenquote von 1919 wieder. Und erst gegen Ende der 1980er Jahre sollten sich die Geschlechterverhältnisse in den deutschen Parlamenten deutlicher verbessern. Trotzdem: bis zur Parität im Parlament ist es noch ein weiter Weg.